Bio und Bordeaux – Der Stand der Dinge
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August 15, 2017

Bio und Bordeaux – Der Stand der Dinge

Biologisch und nachhaltig erzeugte Weine erleben derweil ein hohes Interesse insbesondere bei jungen Konsumenten.

Bordeaux Weine sind in diesem Zusammenhang dabei den wenigsten Konsumenten geläufig, zu sehr steht der Nimbus des Unbezahlbaren, des Kostbaren, aber auch des herkömmlich erzeugten Weines im Wege. Da sich bekanntlich nichts so gut hält wie Vorurteile ist es also an der Zeit zu schauen wie es Bordeaux um die Nachhaltigkeit bestellt ist.

Die Ausgangslage

Reden wir von Bordeaux, sprechen wir von einer Region mit gut 111.000 Hektar, was in etwa der Größe der gesamten Rebfläche Deutschlands entspricht. Es handelt sich folglich nicht um eine homogene Herkunft, sondern mit seinen 65 verschiedenen AOCs um ein heterogenes Geflecht aus unterschiedlichsten Regionen mit unterschiedlichen Kleinklimata, Böden, Witterungsbedingungen, Rebsortenspiegeln und Rebanlagen. Das Gebiet mit kontinental-atlantischem Klima ist von drei Flussläufen durchzogen und hat unterschiedlichste Ansprüche an seine Bewirtschaftung.

Was bisher geschah

Das Klima Bordeaux’ begünstigt eine Vielzahl an Pflanzenschädlingen und wurde lange Zeit höchst konventionell bewirtschaftet. Die klassische Bordelaiser Brühe ist dabei nur eines der Mittel der Wahl. Böden waren teuer und es wurde versucht maximale Erträge zu erwirtschaften. Eine entsprechende Bewirtschaftung zeigt jedoch auf Dauer Ermüdungserscheinungen, und es ward Zeit zum Umdenken.

Und dann kam 2008

2008 traf man sich erstmals zur ersten Klimabilanz der Bordelaiser Weinproduzenten, um über Nachhaltigkeit und vornehmlich den CO2 Ausstoß zu diskutieren. Dieses Treffen gipfelte in der Erstellung eines verbindlichen Klimaplanes, der jeweils 20% Einsparung des CO2 Ausstosses, Steigerung erneuerbarer Energie, Minderung des Wasserverbrauches sowie Energieeinsparungen beschloss. Diese zunächst freiwillige Verpflichtung mündete 2010 in der Gründung des SME, dem Systeme de Management Environmental, dass 2012 vom französischen Agrarministerium anerkannt wurde und heute bereits mehr als 600 Mitgliedsbetriebe (von 6300 insgesamt, also 9,5%) verzeichnet.

Ein neues Paradigma wird gesetzt

Dies ist nur ein Schritt in Richtung Nachhaltigkeit, der gleichzeitig von einer Vielzahl unterschiedlicher Bewirtschaftungsarten der Rebflächen unterstützt wird. Den größten Teil nimmt derzeit der nachhaltige Weinbau ein. Mit 20.864 Hektar ist dies die niedrigste Eskalationsstufe der Nachhaltigkeit. Der integrierte Weinbau geht einen Schritt weiter und berücksichtig nicht nur Umweltrichtlinien, sondern setzt sich auch für soziale Anforderungen bei der Wahl der technischen, biologischen und chemischen Anbaumethoden ein. Den größten Teil stellt dabei mit gut 6168 Hektar der Verband AREA, der neben Terra Vitis, Qualenvi und HVE die meisten Mitglieder zählt. Auch hier ist die Tendenz steigend. Mit 9768 Hektar nimmt der integrierte Weinbau Platz zwei ein.

Der biologisch zertifizierte Weinbau umfasst derzeit 6091 Hektar der Gesamt-Rebfläche. Diese Weine tragen entweder das EU-Biosiegel oder das französische Pendant AB (Argiculture Biologique). Weitere 1330 Hektar sind derweil in Umstellung angemeldet, Tendenz steigend. Lediglich der biodynamische Weinbau nach Demeter oder Biodyvin Richtlinien ist mit derzeit gut 696 Hektar und somit nur 0,625% der Gesamtfläche noch überschaubar, jedoch ebenfalls mit steigender Tendenz.

Ein Beispiel

Einen guten Teil Steigerung des Ansehens der biodynamischen Bewirtschaftung kommt der Familie Tesseron von Château Pontet-Canet zu. Als erstes klassifiziertes Château haben sich Tesserons an das Thema Biodynamie gewagt und bereits 2004 einen Teil ihrer Flächen zertifizieren lassen, heute sind sie vollständig zertifiziert. Sie funktionierten somit nicht allein als Impulsgeber im Top-Segment, sondern auch als Zugpferd für die biodynamische Bewegung in der Region. Zunächst wurde die Entscheidung belächelt, doch spätestens seit dem Jahrgang 2010 der zweite 100-Punkte Jahrgang in Folge bekam, bestätigte dies nicht nur Tesserons in ihrem Handeln. Ausgewiesen ist die Art der Bewirtschaftung auf den Etiketten nicht, denn es geht in erster Linie um nachhaltiges Handeln für die bestmögliche Qualität unter Einbeziehung der Rebe, statt sie schlicht als Lieferant zu betrachten. 

Mehr und mehr Betriebe erkennen mittlerweile ihre Verantwortung zu mehr nachhaltigen Wirtschaften, sei es nach den Leitlinien der SME im Bereich der CO2 Reduzierung, als nachhaltig wirtschaftender Betrieb oder Biodynamiker. Denn guter Wein kann nur von guten Böden stammen.

Wenn ihr auch mal in den Genuss eines Bio-Weins aus Bordeaux kommen möchtet, findet ihr in der aktuellen Selektion „100 Bordeaux zum Entdecken 2017“ einige köstliche Exemplare aus dem Bio-Bereich! Santé! 

Von: Sebastian Bordthäuser 

Sebastian Bordthäuser ist freiberuflicher Sommelier, Autor und Journalist und akkreditierter Tutor der École du Vin de Bordeaux. Über sich selbst sagt er, dass er alle Getränke liebt – vor allem aber einen guten Wein. Am liebsten beschäftigt er sich mit sensorischen Themen, Barkultur, Frankreich und der Weingeschichte.

Viele Châteaux in Bordeaux sind sehr kreativ, wenn es um den nachhaltigen Weinanbau geht: Ob eine Kläranlage durch Bambus oder mit der Pferdekutsche durch den Weinberg, die Beispiele sind zahlreich.

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