Brotzeit und Wein
Food
September 21, 2017

Brotzeit und Wein

Wenn die Frühnebel sanft durch die Weingärten wabern, die Sonne sich schon ein bisschen anstrengen muss, um sich ihren Weg zu bereiten und die Luft frisch und würzig nach feuchter Erde riecht, dann ist es auch im Bordelais Zeit für la vendange – die Lese. 

Der richtige Zeitpunkt will abgepasst werden und die guten Wünsche werden ans Universum geschickt, auf dass das Wetter halten möge und das kostbare Lesegut unbeschadet in die Keller kommen kann. Viele fleißige Hände bewegen sich lange Stunden am Tag in den Rebzeilen, um das zu sammeln, was Mutter Natur und WinzerIn in mühevoller Arbeit, bestem Wissen und gutem Bauchgefühl haben gedeihen lassen. 

Jedes Jahr um diese Zeit nimmt auch eine Art Sentimentalität von mir Besitz.

Sie kommt ohne Vorankündigung und wir kennen uns und haben uns aneinander gewöhnt. Sie hat ihren Ursprung in der tiefen Sehnsucht nach der Verbundenheit mit meinem Stück Herzensheimat in Frankreich und nährt sich aus den Begegnungen mit Menschen, deren Geschichten und meinem eigenen Bedürfnis nach Einfachheit, Ursprünglichkeit und friedvollem Leben. Aber eben nicht nur.

Der Herbst ist die Zeit der Ernte

Zeit, des Einsammelns und Lesens und des Schauens darauf, was an Früchten und Früchtchen im Körbchen landen darf und nicht zuletzt des Danksagens. Sich bedanken, für das, was ist, was im Jahr geschehen durfte, für die Früchte, die man ernten konnte. Das ist für mich eine schöne Tradition, die es lohnt, zu pflegen und der ich mich auch ganz gefühlig hingebe.

Das Fest der Weinlese

Was wir unter Erntedankfest kennen, wird in Frankreich oft als Fête de la moisson gefeiert, die Weinlese als Fête des vendanges, oder Ban des vendanges, verbunden mit lokalen Festen, Feiern und ausgiebigen repas d’exception – gemeinsamem Essen, mit lokalen, einfachen Gerichten, begleitet von reichlich Wein und oft zünftigem Tanz und Gesang.

Doch bevor gefeiert wird, muss gelesen werden. Und das macht hungrig.

Das Winzerfrühstück

Eine Tradition, die ursprünglich aus der Bourgogne und dem Lyonnais kommt, ist das mâchon vigneron. Ein Winzerfrühstück, sehr deftig, mit Wurst und Pâté, eingenommen im Weinberg und runtergespült mit Wein. Eine Stärkung muss sein.

Auch für alle Nicht-Winzerinnen und Winzer, Lesehelfer und Co. ist ein veritables Sauerteig Baguette, bestrichen mit scharf-süßer Mais-Crème, belegt mit geräucherter Entenbrust und gepickelten Weinbeeren eine gute Empfehlung. 

Die Weinbeeren habe ich noch leicht unreif gelesen und gepickelt. Die geräucherte Entenbrust kommt von einem Bekannten, der gern in Naturalien bezahlt. Schärfe erhält die Mais-Crème durch Piment d’Espelette. Hervorragend passt dazu ein weißer Bordeaux aus Graves, La Quille von Xavier und Caroline Perromat oder ebenfalls aus Graves der Château d“Arricaude

Rezept für Winzerfrühstück:

Mâchon vigneron – Sauerteigbaguette mit Mais-Crème, geräucherter Entenbrust und gepickelten Weinbeeren 

für 2 hungrige Personen:

  • 1 Sauerteig-Baguette

  • 8 dünne Scheiben geräucherte Entenbrust

  • einige Zweige Kerbel

für die Mais-Crème:

  • 150 g Gemüsemais

  • 1 EL Olivenöl

  • Piment d’Espelette

Mit dem Pürierstab zu einer Crème verarbeiten, Olivenöl dazu geben und mit dem Piment d’Espelette abschmecken. 

für die gepickelten Weinbeeren:

  • ca. 500 g Weinbeeren, entrappt, d.h. Stiele und Stengel entfernt

  • 150 ml Weißweinessig

  • 100 ml Wasser

  • 1 EL grobes Meersalz

  • 1 EL Honig

  • 2 Knoblauchzehen, geschält und leicht angedrückt 

Die Beeren waschen und abtropfen lassen, dann in ein sauberes Glas geben. Sollten die Beeren sehr große Kerne enthalten, diese vorsichtig entfernen. In einem Topf Weißweinessig, Wasser, Salz, Honig und Knoblauch zum Kochen bringen. Die Beeren damit übergießen bis sie vollständig bedeckt sind. Das Glas verschließen und für mindestens 3 Tage stehen lassen. Nach dem Öffnen im Kühlschrank aufbewahren. 

Zubereitung:

Das Baguette in Stücke schneiden. Mit der Mais-Crème bestreichen, der Entenbrust und gepickelten Weinbeeren belegen. Nach Wunsch mit einigen Zweigen Kerbel garnieren. Die Baguettestücke zusammenklappen, das ist für den Verzehr handlicher. 

Von: Sandy Neumann

Sandy Neumann lebt, arbeitet und genießt in Hamburg und im Languedoc-Roussillon. Bisher besitzt sie nur einen Rebstock – auf ihrem rechten Unterarm. Sie pflegt eine nicht heimliche Leidenschaft für natursüße Weine und alle Spielarten der französischen Küche. Auf ihrem Blog confiture-de-vivre teilt Sandy ihre Liebe zu Frankreich mit allen interessierten. Sandy ist leidenschaftliche Rezeptentwicklerin und Foodfotografin, kulinarische Journalistin und Bordeaux-Expertin. Auf ihrem Blog berichtet sie regelmäßig über die kulinarischen Highlights in ihrem Alltag und gibt Tipps und Tricks rund ums Kochen und Schlemmen. 

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