Apéro mit Bordeaux – Gut Gastgeben
Food
Juli 5, 2017

Apéro mit Bordeaux – Gut Gastgeben

Gut und gerne „Gastgeben“ – einfach einen guten Service geben oder zuhause eben ein guter Gastgeber sein. Das stellt den einen oder anderen heutzutage vor eine echte Herausforderung.  Foodbloggerin Sandy Neumann hat jedoch hilfreiche Tipps für euch.
Etikette eben

Ich stehe auf Etikette, nein kein Tippfehler, ich meine Etikette, nicht Etiketten. So viel Kalauerei sei gestattet. Mich erfreut ein guter Umgangston, ein Türaufhalten, eine freundliche Vorstellung mir fremder Personen. Und ich liebe Etikette, wenn es um Gastgeberschaft und zu Gast sein geht. Ein nach allen Regeln der Tafel-Kunst gedeckter Tisch ist mir schon an sich ein Fest und auch allerhand Besteck und Gläser haben mich nie schaudern lassen. Von Herzen gern zelebriere ich ein Mahl mit Freunden und Bekannten und stehe dafür im Schweiße meines Angesichts auch ein paar Tage am Herd. Ob Platzkärtchen oder monogrammierte Stoffserviette, alles darf. Und bien sûr, ein ordentliches Abendessen beginnt mit einem Apéritif und endet mit Kaffee, Tee und einem Digestif.

Als Gast geladen…

darf sich der Gastgeber bei mir gern darauf verlassen, dass ich nicht schon zehn Minuten vor der Zeit wie wild an der Klingel schelle und mein Sitzfleisch hat auch nicht die Dicke von massiertem argentinischen Rindfleisch. Ich weiß, wann Schluss ist und strapaziere die Geduld des Gastgebers nicht mit aufdringlicher Anwesenheit bis spät nachts, Ausnahmen zugelassen. 

Der Apéro

Doch zurück zum Apéritif, oder kurz gesagt, dem Apéro. Dieses Kulturstück französischen Savoir vivres ist für mich zum Inbegriff sozialer Interaktion geworden. Wo sonst kann man lässig und entspannt zusammenkommen, sich im Small Talk üben, Freundschaften pflegen und sogar Geschäfte anbahnen. Ein Getränk, ein paar Kleinigkeiten, zusammen eigenommen, dienen zum einen dazu, die Wartezeit bis zum ersten Gang des Dîners zu verkürzen, zum anderen, und das scheint mir sehr viel wichtiger, ist wohl die soziale Funktion dessen: Gemeinsames Essen verbindet, überbrückt Unterschiede und lässt uns wohlwollender und weicher mit unserem Gegenüber umgehen. Das berichte ich nicht nur aus eigener Feldforschung sondern derlei ist bereits auch wissenschaftlich fundiert belegbar.

Als Gastgeberin liebe ich es, Freunde und Bekannte zusammenzubringen, zu bewirten und ihnen die Gelegenheit zum Austausch zu bereiten. Ich wandle gern aufmerksam zwischen meinen Gästen und der Küche, um den Besuch annehmlich zu gestalten und für ihr Wohlgefühl zu sorgen. Für die Gäste nur das Beste bleibt dabei kein Lippenbekenntnis. 

Der Ablauf und die Speisen

Beim Apéro starte ich gern mit einem Crémant de Bordeaux. Leicht moussierend, mit erfrischender Säure, vermag er den Gaumen zu kitzeln und dient als passender Begleiter zu Austern, Oliven und  kleinen Häppchen. Als Gast bringe ich gern eine Flasche als Geschenk mit, gleich gut gekühlt zum direkten Genuss.

Auch ein spritziger Weißwein ist ein guter Start in einen kulinarischen Abend. Neben Oliven, Pistazien oder Knabbergebäck reiche ich bereits kleine Tartines mit einem hausgemachten Aufstrich, einer Tapenade oder ähnlichem. Um den Appetit anzuregen und nicht schon vor dem ersten Gang zu stark zu sättigen, sind leicht bittere und herbe Zutaten sehr empfehlenswert. Artischocken in Verbindung mit etwas Zitrone, Olivenöl und Thai-Basilikum öffnen den Gaumen für mehr und werden rund ergänzt mit Crémant oder einem leichten Weißwein.

„Die Tartines kann man noch gut mit einer Hand halten, in der anderen ein Glas.“

So genießt man einen ungezwungenen Apéro im Stehen, bevor es zu Tisch geht. Als Gastgeberin oder Gastgeber kann man gut zwischen den Gästen wandeln und noch letzte kleine Wünsche entgegen nehmen. Als Gast wartet man bitte geduldig, bevor die Gastgeber an die Tafel bitten.

Und einen Tipp gibt es für Frankreich noch dazu: Gerade zu Anfang einer neuen Bekanntschaft oder sich anbahnenden Freundschaft – ist man zum Apéro eingeladen, bedeutet das, dass nach 1 – 1,5 Stunden Schluss ist. Dann beginnt der private Teil des Abends für die Einladenden und man sollte sich empfehlen, wenn man gern wieder eingeladen werden möchte. 

Empfehlungen für Weine:

Lateyron Crémant de Bordeaux

Château La Coudraie

Château Bordô Le Crisp

Tipps für einen gelungenen Apéro als Gastgeber:

  • gekühlte Getränke, in ausreichender Menge

  • auch hier mit „Hausgemachtem“ punkten, das ist eine Wertschätzung für die Gäste

  • die Anwesenden gegenseitig vorstellen – wirklich alle!

  • bereits zur Einladung Beginn und Ende nonchalant ansagen – à lá „wir freuen uns, euch zwischen 6 – 8 bei uns zum Apéro zu sehen“ – wenn es sich NUR um einen Apéro handelt

  • be relaxed – die Gäste werden es lieben, wenn sie von entspannten Gastgebern verwöhnt werden 

Tipps für einen gelungenen Apéro als Gast: 

  • eine gut gekühlte Flasche Wein mitbringen, die mit Liebe ausgesucht ist

  • offen für neue Menschen sein und sich entspannt am Small Talk beteiligen

  • wenn der Apéro der Start für ein Dîner ist, einmal das Glas nachschenken lassen, ist prima, aber bitte nicht schon betrunken zu Tisch gehen

  • keine schwerwiegenden Themen, bei denen man die Welt retten will – have fun!

  • wenn es NUR ein Apéro ist, den Gastgebern die eigene Zeit lassen und sich freundlich bedanken, verabschieden und gehen

 Rezept für Apéro-Tartines mit Artischocken-Aufstrich

(ausreichend für 6 Personen) 

für den Aufstrich:

  • 200 g küchenfertige Artischocken, abgetropft und halbiert

  • Olivenöl

  • Meersalz, frisch gemahlener Pfeffer

  • Saft einer 1/2 Zitrone und deren Abrieb

  • Blätter von 2 Zweigen Thai-Basilikum

Artischocken mit dem Zitronensaft in eine Schüssel geben. Mit dem Pürierstab pürieren. Es muss nicht komplett homogen sein, es dürfen noch keine Stücke übrig bleiben. Zunächst 3-4 EL Olivenöl dazu geben, salzen und pfeffern und den Abrieb dazu geben. Das Thai-Basilikum grob hacken und dazu geben. Alles verrühren und abschmecken. Bei Bedarf noch etwas Olivenöl, Salz und Pfeffer hinzufügen. Für 30 min kühl stellen.

für die Tartines:

(Zutaten für 3 kleine Flûtes oder eine große Baguette)

  • 250 g Mehl (Typ 550)

  • 160 g Wasser (lauwarm)

  • Salz nach Bedarf

  • 1⁄2 Päckchen frische Hefe

Das Mehl in eine Schüssel geben und eine kleine Mulde formen. Die Hefe im lauwarmen Wasser auflösen und in die Mulde geben. Das Salz dazugeben. Alles per Hand verrühren und dann eine homogene Teigkugel kneten. Den Teig nicht zu lang kneten. Den Teig mit einem Handtuch abdecken und 1 Stunde an einem zugfreien Ort gehen lassen. Während der Stunde ist der Teig in Abständen von 20 Minuten zu bearbeiten. Nach den ersten 20 Minuten: Kräftig auf die Teigkugel schlagen, dass sie flach wird, dann ein Viereck formen. Jetzt jede Ecke nacheinander zur Mitte falten. Das Prozedere 2 mal wiederholen, dann ist die Stunde rum. Nun den Teig teilen und die Flûtes formen. Noch einmal 15 Minuten gehen lassen. Dann mit einem Messer schräg einschneiden, etwas Wasser bespritzen und Mehl bestreuen. Das gibt eine knusprige Kruste. Den Ofen auf 240 Grad vorheizen. Ein Blech mit Wasser unten in den Ofen stellen. Das sorgt für eine gute Kruste. Die Brote 20 Minuten backen. Auskühlen lassen. Im Anschluss die Flûtes längs in dünne Scheiben schneiden und mit dem Artischocken-Aufstrich bestreichen und servieren.

Von: Sandy Neumann 

Sandy Neumann lebt, arbeitet und genießt in Hamburg und im Languedoc-Roussillon. Bisher besitzt sie nur einen Rebstock – auf ihrem rechten Unterarm. Sie pflegt eine nicht heimliche Leidenschaft für natursüße Weine und alle Spielarten der französischen Küche. Auf ihrem Blog confiture-de-vivre teilt Sandy ihre Liebe zu Frankreich mit allen interessierten. Sandy ist leidenschaftliche Rezeptentwicklerin und Foodfotografin, kulinarische Journalistin und Bordeaux-Expertin. Auf ihrem Blog berichtet sie regelmäßig über die kulinarischen Highlights in ihrem Alltag und gibt Tipps und Tricks rund ums Kochen und Schlemmen. 

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