Bordeaux Magazin DE
Juni 1, 2023

Insight Bordeaux: Jahrgang 2022 im Detail

Qualität vor Quantität – dank einer geschickten Anpassung an die neuen klimatischen Bedingungen. So lässt sich der Jahrgang 2022 in Bordeaux zusammenfassen. Denn das Weinbaujahr wurde erneut von extremen Wetterverhältnissen geprägt. Gegen den schweren Hagelsturm, der vom 20. auf den 21. Juni 2022 wütete und in der ganzen Region mehr als 10.000 Hektar Rebfläche malträtierte, waren die Winzer:innen tatsächlich machtlos. Aber gegen die dann folgende Kombination aus extremer Trockenheit und sehr hohen Temperaturen fand man dann wirksame Wege.

So passten zum Beispiel viele Winzer:innen ihre Entlaubung und Spalierbildung an, um die Trauben vor der Kraft der brennenden Sonne zu schützen. Auch Begrünung, um den Boden kühler zu halten, war erneut ein gängiges Mittel. Außerdem profitierten vor allem die Rebstöcke am Rand von Parzellen von schattenspendenden Bäumen, die man immer häufiger in den Weingärten findet. Hinzu kam dann noch das tiefe Wurzelwerk der Bordeaux-Reben und ihre natürliche Widerstandsfähigkeit gegen Wasserstress. Dank all dieser Praktiken, der guten Voraussetzungen im Weinberg und der genauen Kenntnis des Terroirs ist es den Winzern:innen gelungen, trotz der schwierigen klimatischen Bedingungen gesunde und perfekt gereifte Trauben zu lesen. Was einmal mehr unter Beweis stellt, dass man im Bordeaux seine Hausaufgaben sehr gründlich gemacht hat, um auf das immer wärmer werdende Klima reagieren zu können.

Historisch frühe Lese in Bordeaux

Diese Auswirkungen betrafen dann auch die Lese selbst. Diese war tatsächlich historisch früh. Nämlich 15 bis 20 Tage früher als normal. Das Besondere: Sie war auch relativ lang. Die ersten Trauben für Crémant de Bordeaux und die trockenen Weißweine wurden auf den am frühesten reifenden Terroirs bereits am 16. August 2022 vom Rebstock geschnitten. Mitte August sorgte Regen für eine kurze Erntepause. Das Volumen der Beeren erhöhte sich dabei nur leicht. Für die Weinreben brachte der Regen indes viel Erleichterung und Erholung vom Wasserstress. Um den 26. August 2022 begann dann die Ernte der Trauben für Roséwein. Pünktlich zum 1. September 2022 wurden die ersten Merlot-Trauben aus den Parzellen geholt. Die anderen Rebsorten folgten sukzessive. Ende September indes waren die Bedingungen für die Entwicklung von Botrytis ideal. Was vor allem für die Produzent:innen von Dessertweinen ein Segen war. Die Wetterbedingungen erlaubten vier bis fünf aufeinanderfolgende Lesedurchgänge bis Ende Oktober.

Hervorragende Qualitäten

Dank der idealen Wetterbedingungen hatte die frühe Lese keine negativen Auswirkungen auf die Qualität des Jahrgangs 2022 in Bordeaux. So kann man sich im Handel auf trockene Weißweine mit viel Frische und dem typisch lebendigen Säurespiel freuen. Die Roséweine werden 2022 nicht nur mit ihrer vielversprechenden Farbe, sondern auch mit ihrem vollen Geschmack begeistern.

Und bei den roten Trauben kristallisiert sich bereits jetzt heraus, dass sie Weine mit einer konzentrierten Fruchtigkeit und schönen Tanninen hervorbringen werden, die vor allem bei den jung trinkbaren Gewächsen eine lebendige Frische und eine große Balance bei moderatem Alkoholgehalt aufweisen. Für die Crus indes ist das Alterungspotenzial bereits jetzt besonders vielversprechend. Allein die Erntemenge liegt das dritte Jahr in Folge mit 4,1 Millionen Hektolitern bei den AOC-Weinen 11% unter dem Zehnjahresdurchschnitt in Bordeaux. Eine Einschätzung des Jahrgangs 2022 von Allan Sichel, Präsident des Bordeaux Weinverbands, können Sie jetzt auch auf YouTube sehen.

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